PortraitAnnette Lüders


Stand: Januar 2021

Tränen laufen mir übers Gesicht. Es ist wohl das berührendste Interview, das ich jemals geführt habe – und das inspirierendste. Verantwortlich für meine plötzlichen Emotionen ist sie:
Annette Lüders, eine erfolgreiche Unternehmerin, Mitte 50, die mit ihrer Lebensgeschichte anderen Mut machen möchte und deshalb gerade meine Fragen beantwortet. Was so besonders an ihr ist und bestimmt einen Großteil ihres Erfolgs als Coach ausmacht, spüre ich trotz 400 Kilometern Entfernung und einer launischen Internetverbindung: ihre kraftvolle Ausstrahlung, ihren klaren Blick für das Wesentliche, ihren unbedingten Willen, trotz oder gerade wegen Widerstände ungewöhnliche Wege zu gehen und ihr Gespür für Menschen sowie die Themen, die sie gerade berühren, was ich gerade hautnah selbst erfahre.

Vom schüchternen Mädchen zur Powerfrau

Dass diese Powerfrau mal schüchtern gewesen sein soll, ist kaum vorstellbar: „Ich konnte in der Schule keine Referate halten, bekam sofort Schweißausbrüche und habe mich verhaspelt“, erinnert sich Annette Lüders. Vor Menschen zu sprechen findet sie furchtbar, doch mit Menschen, das gelingt ihr schon immer mühelos: selbst ohne Sprachkenntnisse, als sie nach der zehnten Klasse durch Italien trampt. Das Geld für die Reise hat sie sich bei einer Münzhandlung selbst verdient. Auch einen Schüleraustausch finanziert sie auf eigene Faust, indem sie Zeitungen austrägt. „Ich setzte mir schon in meiner Jugend immer wieder Ziele, die ich unbedingt erreichen wollte, war sehr rebellisch und tat einiges, das meine Eltern nicht toll fanden“, sagt sie.

Von der jugendlichen Rebellin zur Polizistin

Ihre Berufswahl trifft jedoch auf Wohlwollen: Als eine der ersten Frauen in Deutschland beginnt sie 1981 eine Ausbildung bei der Schutzpolizei. „Wenn du da keine goldenen Löffel klaust, hast du einen sicheren Arbeitsplatz bis zur Rente“, finden ihre Eltern. Zudem führt sie eine Familientradition fort: Ihr Vater und Großvater waren ebenfalls bei der Polizei.
Auch wenn die Entscheidung eher aus pragmatischen Gründen fällt, „gutes Geld und ich konnte bei meinen Eltern ausziehen“, träumt Annette Lüders schon als Kind von einem Beruf, in dem sie anderen helfen kann: „Ich wollte Ärztin werden, konnte aber kein Blut sehen.“
„Aber als Polizistin begegnete dir bestimmt häufig Blut?“, frage ich erstaunt. „Klar, manchmal mussten wir Betrunkene festhalten, die ohne Narkose genäht wurden. Oder Unfallopfer versorgen und Menschen bergen, die sich das Leben genommen hatten. Doch wenn ich gebraucht wurde, konnte ich meinen Ekel ausschalten und das bis heute. Ich sag mir dann: ‚Egal, mach das jetzt und gut ist.‘“, erklärt sie.

Entscheidungsfreudig und konsequent das eigene Leben gestalten

„Hätte, hätte“ sei niemals ein Konzept für sie gewesen: „Ich habe schon immer schnell Entscheidungen getroffen und sie dann konsequent umgesetzt.“ Diese Haltung zieht sich wie ein robuster Faden durch ihr Leben und webt einen Teppich aus beeindruckenden Bildern: So wandelt sie beispielsweise ihre Angst, vor einer Gruppe zu sprechen, Anfang der Neunziger in eine ihrer Stärken um. Nach einem Umzug sucht sie am neuen Wohnort eine Jazzdance-Gruppe, um ihr Hobby zu pflegen. Weil es keine gibt, entschließt sie sich spontan, sich selbst zur Trainerin ausbilden zu lassen und Kurse anzubieten. „Aus meinem Umfeld hörte ich damals: Wie will die das denn machen? Die kann doch gar nicht vor einer Gruppe reden. Aber ich habe es gelernt und schnell Freude daran gefunden, Menschen anzuleiten“, erinnert sich Annette Lüders. Die Einnahmen investiert sie sofort in weitere Ausbildungen und wird zertifizierte Trainerin für Aerobic und fernöstliche Sportarten wie Yoga.

Bereit für neue Lebenswege

Diese Neugierde und Freude am Lernen zeichnen sie bis heute aus und sorgen immer wieder für Wendepunkte in ihrem Leben: Als frisch gebackene Mutter hört sie Mitte der Neunziger zum ersten Mal etwas über Mentaltraining: „Ich bin zu einem Seminar und das weiß ich bis heute: Da hab ich mich in die erste Reihe gesetzt, das allererste Mal in meinem Leben und dachte: So, jetzt geht dein Leben ganz anders los“, erinnert sie sich an diesen entscheidenden Punkt in ihrem Leben. „Der Seminarleiter hat mich wahnsinnig beeindruckt. Persönlichkeitsentwicklung, das Wort kannte ich damals noch gar nicht. Aber er brachte mich dazu, über glühende Kohlen zu gehen. Ich sollte nach oben gucken und mir kühles Moos vorstellen und tatsächlich habe ich mir nicht die Füße verbrannt. Das war für mich der Beweis: Ja, du kannst das!

Über die Macht der Gedanken

Ich verstand, wie stark unsere Gedanken sein können, und programmierte mir ein neues Ziel: Ich wollte an einem besonders teuren Seminar dieses Mannes, das auf einer Burg stattfinden sollte, teilnehmen. Dazu hatte ich nicht das Geld, wir hatten gerade erst gebaut. Man konnte aber teilnehmen, wenn man andere Menschen für das Seminar begeisterte. Und das wollte ich unbedingt! Denn ich war jetzt überzeugt davon, dass wir durch unsere Gedanken viel Macht ausüben können. Ich wollte, dass auch andere dieses Wissen für sich zu nutzen lernen. Wir sind dann später tatsächlich zu viert hingefahren und ich war kostenlos da.“

Ich unterstütze Menschen dabei, ihre Ziele zu erreichen

Von da an lässt sich Annette Lüders in zahlreichen Seminaren zu den Themen Führung, Kommunikation, Stress- und Konfliktbewältigung zum systemischen Coach ausbilden, studiert Verwaltungswirtschaft und darauf Arbeitswissenschaften, wird Kriminalhauptkommissarin, schult Führungskräfte bei der Polizei in Sachen Soft Skills und leitet ab 2011 das Betriebliche Gesundheitsmanagement einer Polizeiinspektion. Zusätzlich arbeitet sie neben dem eigentlichen Job und Familie mit mittlerweile zwei Kindern für eine Firma im Multilevel-Marketing. Wie schon einige Jahre zuvor mit ihrem Zusatzverdients als Sportkursleiterin investiert sie konstant einen Teil ihres Geldes in ihre Weiterbildung. „Es ging mir nie um schöne Autos oder so. Ich wollte persönlich weiterwachsen und irgendwann mal andere Menschen dabei unterstützen, ihre Ziele zu erreichen“, sagt sie.

Next Level: Premium Coach

Anfang der Nullerjahre macht sie sich dann neben ihrer Arbeit für die Polizei erfolgreich als Premium Coach selbstständig, schärft kontinuierlich ihr Profil und lässt sich beispielsweise zur Expertin in Verkaufspsychologie ausbilden. Trotz dieser vielen Erfolge verschweigt Annette Lüders in unserem Gespräch nicht die Herausforderungen, die das Leben immer wieder an sie stellte: Als junge Polizistin muss sie sich Anfang der Achtziger in einer rauen Männerdomäne behaupten. Nur knapp entgeht sie bei ihrem ersten Nachteinsatz einer Vergewaltigung durch zwei Kollegen. Aber sie bleibt bei der Schutzpolizei und später der Kripo – trotz fehlender Gleichberechtigung, sexueller Diskriminierung und Mobbing. „Ich versuchte immer, mir selbst treu zu bleiben, mutig zu sein, und habe aus allen Erfahrungen viel gelernt“, sagt sie. Zum Beispiel, wie wichtig Ziele im Leben sind und dass man sich selbst jederzeit neu „programmieren“ kann. Sich Ziele setzen und diese erreichen – das lernen auch die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ihrer Seminare und Coachings.

Mut zu Veränderungen

„Jeder braucht Ziele, um achtsam zu sein und das Leben zu führen, das er wirklich leben möchte“, erklärt Annette Lüders. „Gehört nicht auch ganz schön viel Mut dazu, sein Leben entsprechend der eigenen Ziele auszurichten, die vielleicht im Widerspruch zum Umfeld stehen?“, werfe ich ein. „Klar! Dazu gehört Mut und das bedeutet für mich: immer wieder die eigene Komfortzone zu verlassen, auch mal was anderes auszuprobieren, selbst bei dem Risiko zu scheitern oder Fehler zu machen. Oder auch an Dingen dranzubleiben, die bereits schiefgelaufen sind, hier das Vorgehen zu optimieren und es wieder zu versuchen. Auch nach Fehlschlägen oder bei besonders hohen Hürden denke ich mir: Und ich mach das jetzt trotzdem, es wird schon Möglichkeiten und Wege geben!“

Erfolg gegen alle Widerstände und Zweifel

Ähnlich verhält es sich mit ihrer Selbstständigkeit: „Mein Mann und meine Kinder standen immer hinter mir und haben mich immer wieder motiviert. Doch mein weiteres Umfeld hat mir das nicht zugetraut: Ich hatte verschiedene Konzepte zur Persönlichkeitsentwicklung, Mitarbeiterführung, Verhandlungsführung und Formate für Teams erarbeitet wie zum Beispiel ‚Mord im Seminar‘, da hieß es: Wer soll denn da kommen? Oder: Wer soll denn so viel Geld für ein Coaching ausgeben? Die Kunden sind aber gekommen und kommen noch immer wie zum Beispiel zu meiner ‚Master Class‘, einem Online Premium Coaching, das ich vor zwei Jahren ins Leben gerufen habe. Und obwohl viele Zweifler das nicht geglaubt hätten: Ja,meine Kunden bezahlen für meine Leistungen, dafür bekommen sie aber auch die Chance auf ein neues Leben“, sagt sie selbstbewusst. Es ist diese direkte, ehrliche Art und gleichzeitig eine einnehmende Wärme – trotz Videochat –, die Annette Lüders so nahbar machen.

Vollblut Coach mit Herz

Was sie nun erzählt, bestätigt meinen Eindruck: „Jeder meiner Teilnehmer und Teilnehmerinnen liegt mir wirklich am Herzen und ich freue mich riesig, wenn sie Erfolg haben und ich sie dabei unterstützen konnte. Ich gebe jedem wirklich alles, mein ganzes Wissen, das ich in rund 3.000 Stunden Weiterbildung und fast vierzig Jahren Berufserfahrung gesammelt habe, sowie mein weltweites Netzwerk. Die meisten meiner Teilnehmer kennen auch meine Familie, kommen aus ganz Deutschland zu mir nach Hause.“ Sehr emotional werde sie immer, wenn sich Teilnehmer und Teilnehmerinnen ihres Online Coachings gegenseitig Tipps und ganz praktische Unterstützung geben: „So bekommen sie nicht nur mein Wissen, sondern auch das Wissen und die Empfehlungen aus ganz unterschiedlichen Branchen und Altersklassen.“

Gemeinsam Ziele erreichen

Zusammen Ziele zu erreichen sei immer einfacher, sagt Annette Lüders: „Wenn ich jemanden an meiner Seite habe, der weiß, wie etwas geht, der mich ermutigt und Tipps gibt, wenn Widerstände da sind oder ich Rückschläge erleide, dann kann ich wachsen.“ Den ersten Schritt müsse jeder aber trotzdem selbst gehen und dabei auf sein Herz hören, so die Unternehmerin, Mutter, Ehefrau, Freundin und vor allem Macherin. Das war sie von frühester Kindheit an. Mut musste aber auch sie lernen: durch Erfahrungen und immer wieder neue Ziele.

Das Leben hat mich zu der gemacht, die ich heute bin

„Es klingt so abgedroschen“, sagt Annette Lüders am Ende unseres Gesprächs, das sich wie mit einer guten Freundin anfühlte, „aber in der Tat ist es so: Wenn mir nicht so viel passiert wäre im Leben, wenn ich nicht so viele Widerstände hätte erleiden müssen, wäre ich nicht
da, wo ich heute bin. Dann hätte ich auch nicht in meinen Beruf als Coach und Trainerin gefunden, der mich über alle Maße erfüllt, weil ich meinen Kindheitstraum lebe: andere Menschen zufriedener und vielleicht sogar glücklicher zu machen.“ Ihr selbst sei viel Gutes im Leben widerfahren: „Unter anderem auch, weil ich eine tolle Mentorin an meiner Seite hatte und mich bis heute von den besten Trainern begleiten lasse“, sagt Annette Lüders.

Mentorin und Vorbild für andere

Eine Mentorin und Vorbild möchte auch sie für andere sein. Nicht allein als Coach, sondern zusätzlich mit Hilfe des Vereins „CourageHochDrei“, den sie 2020 zusammen mit zwei Freundinnen gegründet hat. „Wir möchten anderen Menschen Mut machen, ihren eigenen Weg zu gehen, sowie junge und alte Menschen miteinander verbinden.
Es geht uns um Dinge, die im Leben wirklich zählen. Und das sind nicht unbedingt Sachen, die wir in der Schule lernen. Es sind vielmehr Fähigkeiten, Begegnungen und Entscheidungen, die unserem Leben eine neue Richtung geben und unserer Existenz Bedeutung verleihen.“
Ihre Worte klingen nach, obwohl unser Gespräch schon einige Stunden zurückliegt. Ich bin immer noch sehr bewegt von Annette Lüders Erzählungen: Manche waren so traurig, manche so schön und viele zu persönlich, um sie hier zu teilen. Doch was ich heute gelernt habe
und teilen will, ist: Jeder von uns kann seinem Leben jederzeit eine andere Richtung geben – so schwer und unmöglich dies auch in der jeweiligen Situation erscheinen mag. Wenn ich das nächste Mal an einer Kreuzung meines Lebens stehe oder in einer vermeintlichen Sackgasse, werde ich an Annette Lüders denken und ihren Satz: „Egal, mach das jetzt und gut ist!“

Verfasserin:


Irina Peter
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